Am 11.06.2024 fand eine weitere Online-Veranstaltung aus unserer Reihe „Afternoon Talk Studienabbruch“ statt. Sie widmete sich dem wichtigen Thema der psychischen Gesundheit. Die Veranstaltung bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich über die Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten für Studierende mit psychischen Problemen zu informieren und auszutauschen.
Zum Auftakt der Veranstaltung stellte Juliane Hug, Projektmitarbeiterin bei „enhance – mental health im Kontext von Digitalisierungsprozessen an Hochschulen“ der EHS Dresden und Universität Leipzig, ihr Forschungsvorhaben und bisherige Erkenntnisse vor. So wurde bereits ein onlinebasiertes Unterstützungstool für Studierende mit psychischen Problemen entwickelt. Der niedrigschwellige Zugang über das Online-Tool ist eine Möglichkeit, bestehende Hürden bei Ratsuchenden abzubauen. Die Beratungsleistung wird den Studierenden so angeboten wie es ihnen im Alltag, in dem sie in der Regel viele digitale Angebote nutzen, vertraut ist.
Die präsentierten Zahlen zu Betroffenen waren alarmierend: Eine*r von fünf Studierenden leidet unter psychischen Problemen. Doch mehr als die Hälfte derjenigen, bei denen eine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde, befindet sich nicht in Behandlung. Dies zeigt deutlich, dass psychische Krankheiten ein weit verbreitetes, aber oft unbehandeltes Problem unter Studierenden sind. Häufig suchen sich Studierende keine Hilfe aufgrund von Scham sowie der Angst vor Stigmatisierung. Hinzu kommt, dass viele von ihnen die vorhandenen Beratungsangebote ihrer Hochschule gar nicht kennen.
Im anschließenden Fachgespräch diskutierten neben Juliane Hug auch Sandy Mann, Projektmitarbeiterin von Quickstart Sachsen Transfer der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt (KOWA) Leipzig; Eva Hartmann, Beraterin von Projekt Plan B 2.0 der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt (KOWA) Leipzig; Katrin Mey, Studien- und Berufsberaterin der Jugendberufsagentur (jba) Berlin-Mitte und Jella Sollmann von der Psychologisch-Psychotherapeutische Beratung (PBS) des Studierendenwerkes Berlin über Erfahrungen und Herausforderungen bei der Beratung von Studierenden.
Präventions- und Unterstützungsmöglichkeiten
Ein wichtiger Punkt des Fachgesprächs war die Bedeutung von Präventions- und Unterstützungsmöglichkeiten – auch vor und zu Beginn des Studiums. Denn eine frühzeitige Intervention kann entscheidend sein, um psychische Probleme zu lindern oder gar zu verhindern und somit den Studienerfolg zu ermöglichen.
Berufsorientierung und soziales Umfeld
Die Expertinnen hoben die Bedeutung der Berufsorientierung hervor. Hier können verschiedene Karrierewege, auch unter Einbindung der Eltern oder anderen Vertrauten, sowie der Stärkung des sozialen Umfelds aufgezeigt werden. Mentoringprogramme können eine effektive Maßnahme sein, um Studierende in der Berufsorientierung zu unterstützen.
Leistungsdruck verringern
Die Verringerung des Leistungsdrucks ist ein wesentlicher Aspekt hinsichtlich der psychischen Gesundheit der Studierenden. Hohe Durchfallquoten wirken sich deutlich negativ auf die Psyche der Studierenden aus. Sie sind eine häufige Ursache für einen unfreiwilligen Studienabbruch. Diesem haftet wiederum ein negatives Stigma an. Dabei kann ein Abbruch auch ein Aufbruch zu Neuem wie einer glücklicheren Karriere sein. Vielmehr unterstütze die Betrachtung eines Studienabbruchs als gewöhnlicher Teil eines individuellen Bildungswegs die gesellschaftliche Akzeptanz und somit auch den Mut, diesen Schritt zu gehen. Die Sensibilisierung und Entstigmatisierung trägt somit dazu bei, den Druck auf Studierende mit Zweifeln zu reduzieren.
Herausforderungen beim Studium
Die Expertinnen waren sich einig, dass viele Studierende mit einer Vielzahl an Herausforderungen während ihres Studiums konfrontiert sind: von akademischen Schwierigkeiten über finanzielle Probleme bis hin zu sozialen und emotionalen Belastungen. Ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk kann dem entgegenwirken.
Umgang mit psychischen Problemen
Es wurden verschiedene Strategien im Umgang mit psychischen Problemen diskutiert. Dazu gehören Online-Tools, Öffentlichkeitskampagnen, die das Bewusstsein für psychische Gesundheit schärfen und die offene Ansprache von psychischen Belastungen in der Beratung. Gleichzeitig wurde betont, dass die Beratung auch ihre Grenzen hat. Bei schweren Problemen und Suizidalität ist es wichtig, die Betroffenen an entsprechende Expert*innen zu verweisen.
Der „Afternoon Talk Studienabbruch“ hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, psychische Gesundheit im Studium ernst zu nehmen und umfassende Unterstützung anzubieten.
„enhance University“ – ein Angebot für Studierende in Sachsen
Das Tool des Projekts „enhance – mental health im Kontext von Digitalisierungsprozessen an Hochschulen“ bietet einen niedrigeschwelligen Zugang zur Unterstützung für Studierende mit psychischen Problemen. Es ermöglicht eine anonyme und unkomplizierte Beratung. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Projekts.
Zum Nachlesen
Präsentation zur Keynote: „Psychisch gesund studieren – (wie) geht das und (wie) können Onlineprogramme helfen?“ (Kurzversion) von Juliane Hug, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Leipzig, Medizinische Fakultät; Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „enhance – mental health im Kontext von Digitalisierungsprozessen an Hochschulen“