Neuerungen für ausländische Azubis und Studierende

Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll dem Fachkräftemangel weiter entgegengewirkt werden. Um ausländischen Fachkräften den Weg auf den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern, wird ein schrittweiser Abbau bürokratischer Hürden angestrebt. Die beschlossenen Änderungen treten in mehreren Stufen in Kraft. Im Folgenden stellen wir alle Neuerungen vor und beleuchten, was diese für ausländische Auszubildende und Studierende bedeuten.

Die erste Stufe trat im November 2023 in Kraft und umfasst vor allem erweiterte Einwanderungsmöglichkeiten, indem die Zielgruppe der Blauen Karte EU erweitert und die Voraussetzungen dafür abgesenkt wurden. Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsolvent*innen, welche in Deutschland eine qualifizierte Beschäftigung aufnehmen wollen. Die Neuerungen zur Blauen Karte EU auf einen Blick:

  • Personenkreis erweitert auf Berufseinsteiger*innen, IT-Spezialist*innen und Ausweitung der Engpassberufe
  • Abgesenkte Gehaltsgrenze
  • Aufenthalt für 90 Tage ohne Visum möglich, nach 12 Monaten in anderem EU-Staat ist auch ein langfristiger Aufenthalt in Deutschland ohne Visum möglich
  • Familiennachzug ohne Visumverfahren, wenn Angehörige von Inhaber*innen bereits in einem anderen EU-Staat gelebt haben

Außerdem soll qualifizierten Kräften mit einer Berufsausbildung oder einem Hochschulabschluss der Zugang zu einer Aufenthaltserlaubnis erleichtert werden. Dazu wird die Arbeitssuche (mit Ausnahme reglementierter Berufe) nicht mehr auf Beschäftigungen beschränkt, die in direktem Zusammenhang zur absolvierten Ausbildung stehen. Somit erschließen sich bei der Jobsuche vielfältigere Möglichkeiten.

Im März 2024 trat die zweite Stufe des neuen Gesetzes in Kraft, welche vor allem Regelungen zur Anerkennung von Berufsabschlüssen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten beinhaltet. Der Aufenthalt zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Anpassung und Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikation verlängert sich bei der Ersterteilung von 18 auf 24 Monate. Um mehr Flexibilität zu bieten, kann diese Aufenthaltserlaubnis anschließend auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Die Einreise und Aufnahme einer Arbeitstätigkeit in nicht-reglementierten Berufen (dazu zählen alle dualen Ausbildungsberufe) benötigt keine formale Anerkennung mehr. So sollen Personen mit Berufserfahrung in diesen Bereichen schneller auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Es gelten folgende Voraussetzungen:

  • Berufs- oder Hochschulabschluss (vom Ausbildungsstaat anerkannt)
  • Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren im angestrebten Beruf
  • Arbeitsangebot aufseiten eines Arbeitgebers und Zahlung eines bestimmten Mindestgehalts

Für Qualifizierungsmaßnahmen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse wurden zwei neue Varianten ermöglicht. Eine dieser Optionen ist die Anerkennungspartnerschaft, die es ermöglicht, das Anerkennungsverfahren nach der Einreise in Deutschland zu durchlaufen. Es gelten folgende Voraussetzungen für die Anerkennungspartnerschaft:

  • Berufsqualifikation durch eine mindestens zweijährige Ausbildung oder einen Hochschulabschluss
  • Deutschkenntnisse auf Niveau A2
  • Betrieb: Verpflichtung zur Nachqualifizierung des bzw. der Beschäftigten

Eine andere Option ist die Einreise zur Durchführung einer Qualifikationsanalyse. Anerkennungssuchenden kann zu diesem Zweck ein Aufenthalt für bis zu sechs Monate bewilligt werden. Die Voraussetzung hierfür sind Deutschkenntnisse auf mindestens Niveau A2.

Weitere Neuerungen betreffen Pflegehilfskräfte aus Drittstaaten. Diese können sofort eine Tätigkeit aufnehmen, wenn eine deutsche Berufsausbildung oder in Deutschland anerkannte ausländische Pflegequalifikation vorliegt. Arbeitssuchende Pflegehelfer*innen, die ihre Ausbildung in Deutschland absolviert haben, können für die Zeit ihrer Arbeitsplatzsuche eine Aufenthaltsgenehmigung von bis zu zwölf Monaten erhalten, welche anschließend (sofern der Lebensunterhalt gesichert ist) nochmals um sechs Monate verlängert werden kann.

Die Voraussetzungen, wann eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis in Deutschland erteilt wird, wurden herabgesetzt:

  • Ausländische Fachkräfte, die in Deutschland weder eine Berufsausbildung noch ein Studium absolviert haben: nach drei Jahren
  • Blaue Karte EU-Inhaber*innen: nach 27 Monaten, bei Sprachkenntnissen auf Niveau B1 schon nach 21 Monaten

Weitere Bestimmungen betreffen die erweiterten Beschäftigungsmöglichkeiten für ausländische Studierende und Auszubildende. Die neue Regelung erlaubt nun Nebenbeschäftigungen oder Werkstudentenjobs mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden, die neben Ausbildung, Studium, Studienplatzsuche oder studienvorbereitenden Maßnahmen ausgeführt werden dürfen. Außerdem gab es Erweiterungen bei den Bestimmungen zur Ausbildungsplatzsuche. Die Altersgrenze für die Einreise zur Ausbildungsplatzsuche wurde von 25 auf 35 Jahre angehoben und die Anforderungen an die Sprachkenntnisse auf Niveau B1 abgesenkt. Die Höchstaufenthaltsdauer verlängert sich von sechs auf neun Monate.

Um schnell und bedarfsgerecht Beschäftigungen zu ermöglichen, wurde die „kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung“ eingeführt. Diese ermöglicht es, Drittstaatsangehörige qualifikationsunabhängig für bis zu acht Monate einzustellen. Die Voraussetzungen hierfür sind:

  • Tarifbindung des Arbeitgebers
  • verpflichtende Reisekostenübernahme durch den Arbeitgeber
  • eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 30 Stunden

Ab Juni 2024 soll mit der dritten Stufe des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes eine Chancenkarte zur Arbeitssuche eingeführt werden. Diese wird für bis zu ein Jahr erteilt und stellt eine Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche dar. Besitzer*innen der Chancenkarte können die Zeit zur Probearbeit oder für Nebenbeschäftigungen mit 20 Stunden pro Woche nutzen. Erhält die Person danach ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung, so kann die Chancenkarte um zwei Jahre verlängert werden. Voraussetzung für den Erhalt der Chancenkarte ist die nachweislich volle Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation. Ein anderer Weg zur Chancenkarte sind das Vorhandensein von Deutschkenntnissen auf Niveau A1 oder von Englischkenntnissen auf Niveau B2 in Kombination mit einem dieser Abschlüsse:

  • ausländischer Hochschulabschluss
  • mindestens zweijähriger ausländischer Berufsabschluss
  • Berufsabschluss einer deutschen Auslandshandelskammer

Des Weiteren wird die Westbalkanregelung verlängert, sie betrifft Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Diese dürfen weiterhin Beschäftigungen in nicht-reglementierten Berufen in Deutschland aufnehmen.

Zusammenfassung

Erste Stufe (ab November 2023)

  • Wegfall der Verbindung von Qualifikation und Beschäftigung
  • Erweiterungen bei der Blauen Karte EU: Personenkreis erweitert, abgesenkte Gehaltsschwellen, Familiennachzug erleichtert

Zweite Stufe (ab März 2024)

  • Neue Möglichkeiten zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Anerkennungspartnerschaft, Einreise zur Qualifikationsanalyse
  • Schnellere Niederlassungserlaubnis für ausländische Fachkräfte
  • Erweiterte Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten
  • Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung

Dritte Stufe (ab Juni 2024)

  • Einführung der Chancenkarte zur Arbeitssuche
  • Westbalkanregelung